Pia Schlattmann (LG Brillux Münster) hat eine starke Saison hinter sich. Nach Platz fünf bei der U23-EM im Sommer in Bergen lief sie am Sonntag bei der Cross-EM in Lagoa als Dritte aufs Podest der U23-Klasse und zu Team-Silber. Im Interview der Woche spricht die 21-Jährige über den schwierigen Kurs, ihren Wechsel auf die Langstrecke und den Spagat zwischen Medizinstudium und Leistungssport.
Pia Schlattmann, herzlichen Glückwunsch zu den zwei EM-Medaillen. Wie haben Sie das Rennen in Lagoa rückblickend erlebt?
Pia Schlattmann: Vielen Dank. Das Rennen lief so, wie ich es wollte. Es ging darum, sich nach dem Start vorn einzusortieren und in der Spitzengruppe mitzulaufen. Das hat gut geklappt. Die Trainer hatten uns auch auf den schnellen Start aufmerksam gemacht. Ich musste dann mutig bleiben, bei der schwierigen Strecke musste ich immer konzentriert sein.
Wie war die Strecke, die ja überwiegend über harten Sandboden führte und viele Kurven hatte?
Schlattmann: Es war eine harte Strecke, man musste sehr fokussiert sein. Der Kurs war an vielen Stellen sehr eng und mit den vielen Kurven ging es darum, immer den richtigen Weg zu finden. Der Boden war hart, es gab die leichten Bergabpassagen und ich bin nicht die beste Bergabläuferin (lacht). Ich bin noch nie auf einer Cross-Strecke mit einem solch harten Boden gelaufen. Mir liegen tiefe Strecken ganz gut, die kurzen tiefen Abschnitte auf diesem Kurs waren erholsam von dem harten Boden. Aber ich hatte auch eine tolle Unterstützung von außen. Meine Eltern, meine Schwester und Bruder und mein Heimtrainer waren mit an der Strecke und das hat mir auf der Strecke enorm Kraft gegeben.
Sie waren die ganze Zeit in der Spitzengruppe, ihre Teamkameradin Lisa Merkel arbeitete sich hingegen im Rennverlauf nach vorn und lief dann mit Ihnen in der Gruppe. Sie haben sich dann einmal kurz etwas zugerufen. Um was ging es?
Schlattmann: Ich hatte gemerkt, dass sie bei mir war, da sie von außen angefeuert wurde. Ich habe sie dann nur kurz gefragt, in welcher Runde wir sind. Uns wurde von außen zugerufen, dass wir in der letzten Runde wären, ich dachte aber, es wäre erst die dritte Runde, was auch stimmte. Da war ich natürlich etwas verwirrt.
Haben Sie sich denn abgesprochen oder Zeichen gegeben, als die Spanierin Maria Forero und die Finnin Ilona Mononen sich abgesetzt haben?
Schlattmann: Ich war so auf mein Rennen konzentriert, da habe ich die Tempoverschärfung gar nicht bemerkt. Lisa und ich haben uns nicht abgesprochen, jede ist ihr Rennen gelaufen. Aber wir wussten vor dem Rennen, dass wir ein ähnliches Niveau haben.
Zwischenzeitlich lag noch die Spanierin Marta Serrano vor Ihnen, die Sie überholt haben und sind dann zusammen mit Lisa Merkel auf der dritten und vierten Position gelaufen. Wann waren Sie sicher, dass es für Bronze reicht?
Schlattmann: Von außen kamen Zurufe, wo wir liegen und wie die Abstände waren. Lisa hat immer wieder Druck gemacht, aber ich konnte reagieren. Mein Ziel war die Medaille und ich wusste, ich muss bis zum Schluss durchziehen und das habe ich auch. In der Kurve vor dem Ziel dachte ich, dass es klappt, aber das letzte Stück bergauf zum Ziel tat nochmal weh.
Im vergangenen Jahr in Antalya sind Sie Vierte geworden. Was war denn das Ziel für dieses Jahr?
Schlattmann: Ich hatte auf eine Top-8-Platzierung gehofft und von einer Medaille geträumt. Ich wollte sehen, ob es möglich ist. Aber das macht Cross-Rennen so spannend. Jedes Rennen ist anders, die Gegebenheiten drumherum sind unterschiedlich. Ich habe inzwischen richtig Gefallen am Cross gefunden. Diese Rennen sind ein echtes Highlight.
Mit der Mannschaft gab es Silber, mit 21 Zählern punktgleich hinter den Französinnen. Sind Sie glücklich oder ein wenig enttäuscht, weil es so knapp war?
Schlattmann: Wir sind glücklich über Silber, wir haben Silber gewonnen und nicht Gold verloren. Wir haben alle gekämpft. Wir waren bei den Deutschen Meisterschaften in Darmstadt alle fit und wussten, wir haben ein starkes Vierer-Team und haben gehofft, dass wir es aufs Podium schaffen. Es ist schön, dass es geklappt hat.
Sie haben ein sehr starkes Jahr hinter sich. Wie lautet ihr Fazit für 2025 nach dem letzten Saisonhöhepunkt?
Schlattmann: Ich bin zufrieden mit und stolz auf die ganze Saison. Ich habe konstant meine Leistung gebracht und war bei den internationalen Meisterschaften immer fit. Ich habe meine Trainingsleistungen in den Wettkämpfen umsetzen können, es gab keine Probleme und die Erfolge sind zu sehen.
Im vergangenen Jahr hatten Sie sich noch auf der 1.500-Meter-Strecke zu Hause gesehen. Nun sind Sie dieses Jahr überwiegend 5.000 Meter gelaufen. Liegen die Schwerpunkte jetzt auf den Langstrecken?
Schlattmann: Ja, ich fühle mich auf den 5.000 und 10.000 Meter besser aufgehoben.
Wie sehen die kommenden Monate für Sie aus?
Schlattmann: Ende Dezember fahre ich ins Trainingslager nach Monte Gordo, im März geht es nach Südafrika. In der Halle werde ich nicht starten, das liegt mir nicht. Ich werde dann lieber trainieren. Es geht um ein gutes Aufbauprogramm für 2026 mit konstantem Training.
Welche Ziele haben Sie sich für 2026 gesetzt?
Schlattmann: Ich will über 5.000 und 10.000 Meter meine Bestzeiten steigern, aber ich habe mir keine bestimmten Zeiten zum Ziel gesetzt. Die ersten Höhepunkte sind die Meisterschaften über 10 Kilometer und 10.000 Meter, die will ich auf jeden Fall laufen. Ich werde sehen, wie die Rennen die Saison über verlaufen, was sich daraus ergibt, wie sich alles entwickelt und dann das Training entsprechend aufbauen.
Wie geht es abseits des Sports? Sie haben vergangenes Jahr das Medizinstudium begonnen. Wie klappt die Koordination von Leistungssport und Studium?
Schlattmann: Es gibt immer wieder Phasen, in denen mich auf einen Bereich mehr fokussiere. Zuletzt lag der Schwerpunkt beim Sport. Vor Weihnachten habe ich noch eine Klausur. Ich versuche alles unter einen Hut zu bekommen, was nicht immer einfach ist. Ich werde aber von der Universität gut unterstützt, kann beispielsweise Klausuren online schreiben, wenn ich im Trainingslager oder bei Meisterschaften bin.
