Die Begeisterung bei den Kindern ist „Lohn“ und „Bestätigung“ zugleich. Die Umstellung eines in der Organisationsstruktur erprobten Spielbetriebes ist keine leichte Aufgabe. Eine vorbildliche Unterstützung auf allen Ebenen sind Garanten für die positive Entwicklung im Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW). Insbesondere für das zusätzliche Engagement in der Umstellungsphase gilt der größtmögliche Dank: „Leuchtende“ Kinderaugen bieten hier einen unschätzbaren emotionalen Wert.
Der Grundsatz lautet: Alle Kinder spielen mit! Die Spieler*innenanzahl und Spielfeldgröße wächst mit dem Alter des Fußballnachwuchses.
Was hat es mit den neuen Spielformen auf sich?Das Spielen mit dem Ball am Fuß und das Erzielen von Toren sind die zentralen Gründe, warum so viele Kinder und Jugendliche Freude am Fußball haben. Die neuen Spielformen sollen allen Kindern auf dem Platz so häufig wie möglich die Chance geben, den Ball selbst am Fuß zu haben, eigene Aktionen zu haben, Tore zu erzielen und damit persönliche Erfolgserlebnisse zu haben. Deshalb soll auf kleinere Teams und viel Abwechslung gesetzt werden. Dies soll nicht nur die individuelle sportliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen fördern, sondern nach dem Amateurfußball-Kongress 2019 nicht zuletzt auch den gesamten Fußball und seine Vereine an der Basis stärken. Die neuen Spielformen beziehen sich grundsätzlich auf die Altersklassen G-, F- und E-Jugend.
Was besagen die neuen Spielformen genau?
G-Jugend (U6/U7): Es wird 3 gegen 3 (alternativ 2 gegen 2) auf zwei oder vier Tore gespielt. Ein Team besteht aus drei Feld- und maximal einem/einer Rotationsspieler*in. Es wird ohne Torwart*in gespielt. Nach jedem Tor wechseln beide Mannschaften automatisch jeweils eine/-n Spieler/-in. Gespielt werden Festivals, Spielfeste oder ähnliche Modelle. Empfohlen sind bis zu acht Durchgänge à fünf Minuten. Nach jedem Durchgang gehen die Gewinnerteams jeweils ein Spielfeld weiter, die Verliererteams jeweils um ein Spielfeld zurück. Dadurch werden weitgehend ausgeglichene Spiele mit wenigen extremen Ergebnissen erreicht, es ergibt sich ein ausgewogeneres Leistungsniveau und daraus resultierend weniger Frust für die Kinder. Auf der anderen Seite bietet der Modus einen zusätzlichen Anreiz, immer wieder „aufsteigen“ zu können. Weitere alternative Spielvarianten sind ebenfalls möglich. "Festivalsieger" werden hierbei definitiv nicht ermittelt!
F-Jugend (U8/U9): Es wird 5 gegen 5 (mit TW) / alternativ 3 gegen 3 /4 gegen 4 (ohne TW) auf vier oder zwei Tore gespielt. Vier Tore insbesondere beim Einsatz kleinerer Tore und als Steigerungsform. Dabei wird ein Team durch maximal einen/zwei Rotationsspieler/n*innen ergänzt. Die jeweilige Spielform ist abhängig von der tatsächlichen Anzahl der Spieler*innen am Spieltag. Vorgeschlagene Spielzeit pro Durchgang sind hier sechs bis acht Minuten. Klare Empfehlung ist es, wechselnde Spielmodelle im Festival zu integrieren, um wie beschrieben allen Kindern mehr Ballaktionen zu ermöglichen. Sowohl beim 3 gegen 3, 4 gegen 4 als auch beim 5 gegen 5 gehen nach jedem Durchgang die Gewinnerteams jeweils ein Spielfeld weiter und die Verliererteams um ein Spielfeld zurück. Weitere alternative Spielvarianten sind ebenfalls möglich. "Festivalsieger" werden hierbei definitiv nicht ermittelt!
E-Jugend (U10/U11): Bei den E-Junior*innen bleibt die Basisvariante mit 7 gegen 7 auf zwei Jugendtore erhalten. Die Organisation erfolgt über den Ligabetrieb und optional auch über Spielfeste. Die Zielsetzung in dieser Altersklasse liegt darin, analog zu den Jüngeren möglichst alle Spieler*innen gleichzeitig zu aktivieren. Auf „Nebenspielfeldern“ (3 gegen 3 oder 4 gegen 4) sollen auch die „Auswechselspieler*innen“ aktiv Fußball spielen und es gibt einen regelmäßigen Wechsel mit den Mitspieler*innen auf dem Hauptfeld. Die besonderen Herausforderungen liegen auch hier in der Spielorganisation und dem Spielfeldaufbau. Hierbei spielen vorhandene Platzkapazitäten eine entscheidende Rolle. Zu wenige Spielzeiten führen in dieser Altersklasse zu einem frühen Drop-out. Konflikte mit Eltern, auf Grund zu weniger Einsatzzeiten, werden vermieden. Auch hier steht das Erlebnis vor dem Ergebnis.
Was sind die Gründe für die neuen Ansätze?
Durch die neue Ausgestaltung wird der Fußball in den betreffenden Altersklassen kindgerechter. Denn: Je größer die Gruppen, desto weniger Ballkontakte haben die einzelnen Spieler und Spielerinnen. Gerade leistungsschwächere oder auch körperlich unterlegene Kinder gehen zum Teil unter und verlieren dadurch den Spaß am Spiel und die Chance auf Weiterentwicklung. Die neuen Spielformen sollen den Kindern bessere Möglichkeiten bieten, Fußball so zu spielen, dass sie häufig am Ball sind und dabei Spaß haben. Aktuell wird im Kinderfußball häufig zu früh Wert auf Taktik gelegt, worunter die Ausbildung der fußballerischen Grundlagen leidet. Dies haben viele Untersuchungen gezeigt. Die neuen Spielformen sollen diesem „hausgemachten“ Problem entgegenwirken.
Die neuen Spielformen verringern den Einfluss der Trainer*innen und Eltern auf das Wettkampfgeschehen und fördern damit die Selbstständigkeit der Spieler*innen. Die Kinder lernen, verstärkt eigene Lösungen zu finden. Der neue Modus bringt mit sich, dass mehr Spiele verloren und gewonnen werden, sodass Kinder auch den Umgang damit noch besser erlernen.
Das Konzept stellt zudem eine weitere gemeinsame Maßnahme dar, das Ausbildungs- und Talentfördersystem in Deutschland weiterzuentwickeln.
Was sind die größten Vorteile?
Jedes Kind spielt mit und hat Aktionen am Ball. Die Kinder spielen ein Spiel, das ihren Fähigkeiten und Interessen gerecht wird. Und: Die Kinder erlernen noch besser grundsätzliche Werte des Fußballs – nämlich: Fairplay, Freude am Spiel sowie Umgang mit Siegen und Niederlagen.
Ist das noch „echter Fußball“?
Natürlich. Fußball heißt: zwei Mannschaften, Tore und ein Ball. Was macht den Fußball aus? Spiel, Spaß, Tore erzielen und verhindern – genau das wird mit dem neuen System gefördert. Kinder können auf vielfache Art und Weise, Tore erzielen - vor allem auch die Kinder, die (noch) nicht zu den "routinierteren" gehören. Zudem dribbeln die Kinder häufiger und haben mehr Ballaktionen, was die Technik fördert und jedes einzelne Kind sportlich verbessert. Auch das Verteidigen wird dadurch intensiver und individueller geschult.
Was ist mit Ergebnissen und Tabellen, was ist mit Schiedsrichter*innen?
Ergebnisse werden bei der G- und F-Jugend nicht festgehalten, aber jedes einzelne Spiel wird gewertet und Mannschaften steigen während des Festivals in das nächste Feld auf oder ab. Insofern gibt es durchaus Sieger*innen und Verlierer*innen – eine Erfahrung, die auch für Kinder nicht unwichtig ist. Aufgrund der Vielzahl an Spielen sind die einzelnen Ergebnisse in den neuen Spielformen allerdings auch schneller wieder vergessen. Schiedsrichter*innen gibt es grundsätzlich nicht. Die Trainer*innen und Betreuer*innen fungieren als gemeinsame Spielleiter*innen und greifen nur bei Bedarf ins Geschehen ein. Die Entscheidungen während der Spiele sollen von den Kindern weitestgehend selbst getroffen werden – so wie es seit einigen Jahren ohnehin schon in der G- und F-Jugend praktiziert wird (Fair-Play-Liga) und wie es jahrzehntelang auf den Bolzplätzen gewohnt war, auf denen viele tolle Fußballer*innen groß wurden. Ebenso wie in der Fair-Play-Liga gilt: Eltern, die nicht als offizielle Betreuer*innen fungieren, können ihre Kinder unterstützen, haben jedoch einen Mindestabstand zu den Spielfeldern einzuhalten.
Werden schwächere Spieler*innen nicht demotiviert, weil Leistungsunterschiede noch deutlicher zutage treten?
Im Gegenteil: Bei den bisherigen Spielformen in den unteren Altersklassen (7 gegen 7) ist es viel eher der Fall, dass die langsameren und weniger talentierten Spieler/-innen kaum an den Ball kommen und häufig auf Positionen spielen, die sie vom eigentlichen Spielgeschehen fernhalten. Mit dem neuen Modus werden alle Kinder eng einbezogen und erhalten in ihrem Team Ballaktionen und -kontakte. Durch das Auf- und Absteigen in den Spielfeldern anhand der Spielergebnisse während der Festivals ist außerdem gewährleistet, dass verstärkt Teams aufeinandertreffen, die ein ähnliches Leistungsniveau haben.
Welche Herausforderungen stellen sich organisatorisch für die Vereine?
Vereine benötigen Tore und im Idealfall einige Betreuer*innen. Dafür können beim Festival Eltern eingebunden werden. Gerade in der F- und G-Jugend sind diese häufig noch mit auf dem Sportplatz. Mini-Tore können bei Bedarf durch Hütchen und Stangen ersetzt werden. Schöner sind sicherlich Mini-Tore mit Netzen, in denen der Ball „zappelt“. Die Verbände arbeiten zusammen daran, die Vereine bei der ersten Durchführung von Festivals in der Organisation, aber auch bei der Anschaffung von Toren unterstützen zu können.
Wie werden die neuen Spielformen im DFBnet abgebildet?
Die Basis bildet die übliche Mannschaftsmeldung im DFBnet. Die Kreise und Vereine können die Festivals im Modul „Vereinsturniere“ - mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Spielplanung vor Ort erfolgt - einstellen. Die Zuordnung der Mannschaften für die einzelnen Wochenenden, die Spielstättenbelegung und die Dokumentation der eingesetzten Spieler*innen im Sammelspielbericht stehen nun auch hier zur Verfügung. Ferner steht die Teampunkt-App des DFB zur Verfügung, mit der Vereine sich für das Festival organisatorisch abstimmen können (z. B. Anzahl Spieler*innen, Spielfeldaufbau, benötigtes Material „Tore, Hütchen …).
Inwieweit ist es problematisch für die Torhüter*innen-Ausbildung, wenn in den ersten Jahren ohne Keeper gespielt wird? Wann muss Torhüter*innen-Ausbildung zielgerichtet beginnen?
Zwingend ohne Torhüter*in wird bei den neuen Spielformen lediglich in der G-Jugend (Alter: 4 bis 6 Jahre) agiert. Im Kindesalter stehen vielfältige Bewegungserfahrungen sowie Spaß und Freude am Fußball im Mittelpunkt. Positionsspezifische Aspekte, auch im Torwartspiel, spielen für den Ausbildungsgedanken noch keine Rolle. Natürlich sollen auch Torschussspiele im Training stattfinden, in denen sich jeder im Tor ausprobieren kann. Ab der F-Jugend ist alternativ auch ein 5 gegen 5 auf Kleinfeldtore (also mit Torhüter*in) möglich.
Wie sieht es mit den Spielen in der Halle aus?
Die grundsätzlichen Zielsetzungen im Kinderfußball unterscheiden nicht zwischen Sommer und Winter bzw. zwischen Feld und Halle. Daher sind die Regeln und Organisationsstrukturen bestmöglich vom Feld auf die Halle zu übertragen.