Quelle: P. Middel
Die vertiefende Saisonanalyse mit der EM in München war Teil der Gespräche in der vergangenen Woche in Kienbaum
Bei der Abschluss-Pressekonferenz vor der finalen Abendsession haben Chef-Bundestrainerin Annett Stein und DLV-Präsident Jürgen Kessing am Sonntag ein positives Fazit zu den Europameisterschaften in München gezogen. Sie lobten neben den starken Leistungen den guten mannschaftlichen Zusammenhalt und das faire Münchner Publikum. Für Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre und Hindernisläuferin Lea Meyer, die am Samstag Silber gewonnen hatten, sollen die EM-Medaillen erst der Anfang gewesen sein.
Bereits vor der finalen Session der Europameisterschaften in München, die am Sonntagabend ihren Abschluss gefunden haben, haben Chef-Bundestrainerin Annett Stein und DLV-Präsident Jürgen Kessing die European Championships 2022 als „Meisterschaft, die in Erinnerung bleiben wird“ eingestuft. „Es waren sechs Tage, die uns allen gutgetan haben“, sagte Stein am Sonntagmittag auf der DLV-Pressekonferenz im Mannschaftshotel. „Ich bin stolz auf die Mannschaft, wie sie sich präsentiert hat. Es hat sich eine Atmosphäre mit Familien und Unterstützern aufgebaut, auch die Volunteers waren extrem hilfsbereit und positiv“, ließ sie auch die Akteur*innen hinter den Kulissen nicht unerwähnt.Seit sie 2020 die Leitung der DLV-Nationalmannschaft übernommen hat, sei es die schönste Meisterschaft gewesen, die sie habe begleiten dürfen. „Die Mannschaft hat seit dem ersten Tag gemeinsam und motiviert um persönliche und Saison-Bestleistungen, Punkte und Medaillen gekämpft. Alle waren als Freunde hier, jeder hat sich für jeden gefreut.“
Kressing: „Sternstunden unserer Sportart“
Jürgen Kessing fasste die Höhepunkte der vergangenen Tage noch einmal zusammen: „Das, was wir am Dienstagabend erlebt haben, mit den Goldmedaillen im Zehnkampf und über 100 Meter, war eine Sternstunde unserer Sportart. Wer live dabei war, wird das sein Leben lang nicht vergessen. Ähnlich war es am Donnerstag, als Konstanze Klosterhalfen Gold über 5.000 Meter geholt hat. Auch gestern beim Stabhochsprung, als Bo über 5,85 Meter gesprungen ist, und beim Hindernisrennen ist keiner mehr auf seinem Sitz geblieben. Auch die internationalen Athletinnen und Athleten, wie etwa Armand Duplantis, sind vom Publikum gefeiert worden, das sich sehr sachkundig und fair präsentiert hat.“Der DLV-Präsident, der auch Mitglied im Council des Europäischen Leichtathletikverbandes ist, wagte auch einen Blick voraus. Ihm habe gefallen, wie sich das Modell der European Championships in München präsentiert habe, sagte er: „Die Leichtathletik war die Lokomotive des Sommersports.“ Im Frühjahr, wenn der Austragungsort der nächsten European Championships 2026 feststehe, werde sich das Council zusammenfinden, um zu entscheiden, ob die Leichtathletik ein Teil des Multisport-Events bleiben werde. „Unter dem Eindruck, den auch meine Kollegen im Council gewonnen haben, ist das völlig offen“, meinte Kessing.
Grußbotschaft von Gesa Krause
Für 3.000-Meter-Hindernisläuferin Lea Meyer (ASV Köln), die am Samstagabend mit einer Verbesserung ihrer Bestzeit um zehn Sekunden Silber gewonnen hatte, wurde eine Glückwunsch-Botschaft der Europameisterin von 2016 und 2018 Gesa Krause (Silvesterlauf Trier) verlesen. Die WM-Dritte von 2019 lobte die Leistung ihrer Teamkollegin, die bei der WM im Vorlauf gestürzt war und vor der EM noch eine Corona-Infektion durchgemacht hatte, mit den Worten: „Das bedarf wahrer Größe.“„Gesa hat mir vor dem Lauf schon geschrieben und heute Morgen haben wir noch mal Kontakt gehabt. Wir sind gerade durch Eugene zu guten Freundinnen geworden“, berichtete Lea Meyer. „Gefühlt bin ich durchs Stadion getragen worden. Es kam mir deutlich kürzer vor, als es war. Es war die Kür, ich wollte ins Finale, damit hatte ich mein Ziel schon erreicht. Ich wollte es genießen und aufsaugen“, resümierte sie ihren Finallauf. „Bei 1.000 Metern habe ich kurz durchatmen müssen, weil ich gemerkt habe, wie zügig es ist. Dass es so schnell wird, habe ich mir vorher nicht zugetraut. Ab Sekunde eins war die Vorfreude viel größer als die Nervosität.“
Medaille als Eintrittskarte in die Weltklasse
„Die Medaille war der Anfang, aber ich will nicht, dass es bei einer bleibt“, gab sich Stabhochsprung-Vize-Europameister Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen) bereits wieder kampfeslustig. „Für mich war dieses Jahr der Beginn vom Eintritt in die Weltspitze. Ich kann mich mit den Besten der Welt messen, ich will sie aber schlagen.“Für beide DLV-Asse war es die erste internationale Medaille bei den Aktiven. Den Erfolg verdanke er nicht nur seiner Konstanz, sondern auch einer gewissen Nervenstärke, sagte Bo Kanda Lita Baehre, der im Finale mehrmals in den zweiten Versuch musste. Auch Lea Meyer ist motiviert für mehr: „Ich habe noch Luft nach oben, die Grenzen sind noch nicht erreicht. Ich stehe stärker wieder auf, als ich hingefallen bin“, sagte sie.
Nicht nur für sich selbst, sondern für die ganze Mannschaft sprach Bo Kanda Lita Baehre mit den Worten: „Es gab magische Momente vergangene Nacht, das habe ich nicht nur bei mir gesehen, sondern auch bei Lea. Wir haben unsere Chance genutzt und ich hoffe, dass wir heute noch mehr Chancen nutzen. Ich bin stolz auf mich selbst und die anderen, die performt haben.“
Austausch für Sportförderung und verbesserte Strukturen
Zur Sprache kam bei der Pressekonferenz auch die Sportförderung. „Dazu muss man wissen, dass der DLV vergleichbar mit den anderen Spitzensport-Fachverbänden in die Fördersystematik in Deutschland eingebettet ist, die nach der Spitzensport-Reform neu aufgesetzt wurde“, erläuterten Annett Stein und Jürgen Kessing. Grundsätzlich werde eine flexiblere Gestaltung im Austausch mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und Bundesinnenministerium (BMI) angestrebt sowie eine stärkere Berücksichtigung der Spezifik der einzelnen Sportarten. In diesem Zusammenhang sei die Diskussion mit Athletinnen und Athleten ein wichtiges Anliegen.Bereits über die Meisterschaften hinaus blickte Jürgen Kessing, der es für wichtig hält, die Jugend im Hinblick auf die künftigen Meisterschaften, wie etwa die Olympischen Spiele 2024 in Paris (Frankreich) und 2028 in Los Angeles (USA), zu entwickeln. Dazu zählen nicht nur junge Athletinnen und Athleten wie die 23 und 24 Jahre alten Lita Baehre und Meyer, sondern auch die aktuelle U18- und U20-Generation, die bei ihren Welt- und Europameisterschaften in diesem Jahr sehr gute Ergebnisse erzielt hat: „Das ist der künftige Kern der Mannschaft.“
Weiterführende Informationen:
- „Deutsche Leichtathletik findet bei EM zurück zu alter Stärke“
- Manuel Sanders und Patrick Schneider mit der 4 x 400-Meter-Staffel im Finale
- Endstation für Robin Erewa im 200-Meter-Vorlauf
- Dreispringerin Jessie Maduka bleibt in der Qualifikation hängen
- Titel und Medaillen für den DLV – Pinto und Schneider verpassen Finale
- Silber für Marathonläufer Amanal Petros in der Mannschaftswertung