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Silas Zahlten (LG Brillux Münster) buchte in Mannheim das EM-Ticket über 3.000-Meter-Hindernis
Mit einer überlegenen Vorstellung hat sich Silas Zahlten (LG Brillux Münster) in Mannheim für die U20-Europameisterschaften qualifiziert. Bei schwülwarmer Witterung buchte Zahlten über die 3.000 Meter Hindernis nach 9:01,99 Minuten das Ticket für Jerusalem und versuchte nebenbei, zwei Disziplinkollegen ebenfalls zum Sprung auf den EM-Zug zu verhelfen. Bastian Sundermann erwischte auf den 400 Metern einen gebrauchten Tag, konnte sich in der Staffel aber rehabilitieren.
Für Silas Zahlten hielt die Mannheimer Juniorengala ungewöhnliche Vorzeichen bereit: War es vor Jahresfrist noch zu einem echten WM-Ausscheidungsrennen gekommen, ist Zahlten 2023 in Deutschland auf seiner Spezialstrecke überlegen. So überlegen, dass er dem Wunsch der Konkurrenz und des Bundestrainers nachkam, als Tempomacher für Jonas Patri (TSV Bayer Leverkusen) und Noah Boeck (LG Olympia Dortmund) zu agieren. Dabei war das Rennen auch für Silas selbst im Hinblick auf die Europameisterschaften keinesfalls Formsache: Wenige Wochen vor dem maßgeblichen Nominierungswettkampf hatten Zahlten und Trainer Jörg Riethues erfahren, dass die eigentlich bereits in Hengelo abgehakte EM-Norm nicht anerkannt werde – das Meeting in Hengelo erfüllt nicht die Voraussetzungen für das neue, komplizierte Zertifizierungssystem im Kontext internationaler Meisterschaften. Silas musste in Mannheim folglich erneut unter dem Richtwert (9:06,00 Minuten) bleiben, um seinen EM-Platz zu sichern.Starke Vorbereitung in der Höhe von Sankt Moritz
Unruhig machte das den 18-Jährigen nicht, denn er hatte sich hervorragend vorbereitet: Drei Wochen verbrachte Silas gemeinsam mit Pia Schlattmann, Oscar Enseling und Jörg Riethues in der Höhe von Sankt Moritz. „Wir hatten super Trainingsvoraussetzungen mit perfekten klimatischen Bedingungen und tollen Laufstrecken. Die Stimmung in der Gruppe mit Oscar und Pia war sehr gut und die Einheiten verliefen planmäßig – insgesamt hätte das Trainingslager nicht besser sein können“, optimierte Silas in der Schweizer Bergwelt nicht nur seinen anaeroben Stoffwechsel, sondern betankte auch sein mentales Energiedepot. Das Duo Zahlten-Riethues weiß mittlerweile genau, wie in der Höhe die Trainings- und Regenerations-Konfiguration für leistungssteigernde Effekte gelingt.1.500 Meter-EM-Norm in Pfungstadt
Nach einem erfolgreichen 800-Meter-Test bei den Westfälischen stellte Silas Zahlten am 21. Juni in Pfungstadt unter Beweis, dass er topfit in die wegweisenden Wochen geht: Im hochkarätig besetzten 1.500-Meter-Feld gelang ihm eine neue persönliche Bestzeit (3:46,83 Minuten), gleichbedeutend mit der ersten offiziellen EM-Norm. „Das Rennen in Pfungstadt hat Silas viel Selbstvertrauen gegeben. Er konnte im Feld mitschwimmen, ist nicht auf Biegen und Brechen gespurtet und hat trotzdem eine neue Bestzeit mit Norm erzielt“, war Jörg Riethues ebenso wie sein Vorzeige-Athlet zufrieden. Silas spürte die positiven Effekte des Höhentrainingslagers deutlich, sodass die Zuversicht drei Tage vor Mannheim groß war.Souveräner Auftritt in Mannheim, schnellere Zeit im Visier
In der Tat meisterte er bei der Juniorengala alle Aufgabenstellungen souverän, auch die ihm übertragene Extraaufgabe. „Wir haben uns vor dem Rennen mit den Trainern und Athleten abgestimmt. Jonas und Noah sollten auf Runde eins bzw. zwei Tempo machen; dann würde ich übernehmen und konstant auf die Norm hinsteuern, um beiden eine Chance zu geben, unter dem Richtwert zu bleiben“, so Silas über die Absprache vor dem Rennen. Gesagt, getan: Mit Durchgangszeiten von 3:03 bzw. 6:04 Minuten bot der LG-Athlet dem kleinen Feld das ideale Fundament, ehe er mit kontrolliertem Stil einen schnellen letzten Kilometer nachlegte und in 9:01,99 Minuten finishte. Jörg Riethues beobachtete den Auftritt ebenso gelassen wie erfreut: „Silas ist trotz der Hitze sehr locker und rhythmisch gelaufen. Nach dem Rennen hat ihm der DLV die erfolgreiche Qualifikation für Jerusalem bestätigt.“Silas Zahlten selbst nahm zwar noch Reserven bei der Hindernistechnik wahr, erlebte das Rennen davon abgesehen aber sehr positiv: „Ich bin glücklich, dass ich die Quali für Jerusalem sicher habe. Ich bin jetzt zum dritten Mal 9:01 Minuten gelaufen – das zeigt Konstanz; bei einem anders gestrickten Rennen kann ich die Zeit sicherlich noch ein Stück nach unten schrauben.“ Aktuell rangiert er auf Platz zwölf der europäischen Jahresbestenliste der unter 20-Jährigen; angeführt wird sie vom Franzosen Youssef Boutayeb (8:46,13 Minuten). Im nationalen Vergleich ist Silas der Konkurrenz weit voraus: Jonas Patri, der in Mannheim nach 2.200 Metern abreißen lassen musste und die EM-Norm verpasste, folgt in der DLV-Bestenliste mit 9:12,28 Minuten.
Bastian Sundermann mit gebrauchtem Tag
Auch Bastian Sundermann war mit der Ambition „EM-Ticket“ nach Mannheim gefahren. Die Stadionrunde gestaltete sich für den deutschen Hallenmeister dann aber sehr zäh, in 48,60 Sekunden blieb er klar über seiner persönlichen Bestleistung und dem EM-Standard. „Bastian hat nicht gut ins Rennen gefunden. Er konnte wenig Druck in die ersten Schritte bringen und hat auf Bahn sieben früh den Anschluss an den einzigen optisch vor ihm laufenden Athleten verloren. Hinten raus ist er dann fest geworden“, fasste Trainer Jan Vogt das Rennen zusammen.Rehabilitation als Schlussläufer der 4 x 400-Meter-Staffel
Am Tag darauf konnte sich Bastian Sundermann als Schlussläufer der 4 x 400-Meter-Staffel rehabilitieren: Nach erneut schwacher Eröffnung zeigte der 19-Jährige eine starke Reaktion und rollte das Staffelfeld von hinten auf. „Der Bundestrainer hat Bastian mit einer 47,5/47,6 herausgestoppt – so haben wir uns die 400 Meter vorgestellt und Bastian hat gezeigt, dass er grundsätzlich in einer starken Verfassung ist“, waren Jan Vogt und auch Bastian Sundermann selbst nach dem Staffelrennen optimistischer gestimmt. Das Team „Germany II“ mit Bastian Sundermann belegte in 3:11,45 Minuten Platz drei unmittelbar hinter „Germany I“. Fast hätte Bastian dabei noch Lasse Schmitt abgefangen; der Königsteiner ist in den letzten Wochen sowohl über die 400 Meter „flach“ als auch über die 400-Meter-Hürden die U20 EM-Norm gelaufen und insofern ein echter Gradmesser.Bastian Sundermann und Jan Vogt hoffen, mit einer guten Unterdistanz-Performance in Göttingen den Kopf zu resetten, um in den Wochen vor den deutschen U20-Meisterschaften an die formidable Saisoneröffnung anknüpfen zu können. Die Startplätze für Jerusalem sind noch offen: Lediglich Lasse Schmitt ist bisher unter der Norm (47,35 Sekunden) geblieben, als Nummer fünf der europäischen U20-Bestenliste über die 400-Meter-Hürden dürfte er dabei keine Ambitionen für einen 400 Meter-Einzelstart haben. Bei den deutschen Jugendmeisterschaften in Rostock ist deshalb vieles möglich.