Quelle: © Iris Hensel
Rom, Braunschweig, Paris: Christina Honsel befindet sich im Aufbau-Training, hofft bei den deutschen Meisterschaften am Wochenende dennoch auf Edelmetall.
Der TV Wattenscheid 01 Leichtathletik e.V. geht mit einer hochmotivierten Mannschaft in die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am kommenden Wochenende in Braunschweig (28. bis 30. Juni) – auch wenn die nationalen Titelkämpfe in diesem Jahr nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in Paris sind. Aber sie sind eben auch gleichzeitig die letzte Chance, noch auf den Zug in Richtung Olympia aufzuspringen.
„Es ist in diesem Jahr ein schmaler Grat für die Athletinnen und Athleten“, sagte TV 01-Manager Michael Huke auf der traditionellen Pressekonferenz vor den Deutschen Meisterschaften, „da sind Ausfälle immer möglich. Ich denke aber, dass wir so fünf bis sieben Medaillen holen können, das ist der Korridor. Es entscheidet die Tagesform.“Eine der Athletinnen, der alles zuzutrauen ist, ist Hochspringerin Christina Honsel. Bei den Europameisterschaften war sie in der Qualifikation (1,92 Meter, alles im ersten Versuch) tadellos gesprungen, um dann im Finale mit nur 1,86 Metern früh auszuscheiden. „Ich war natürlich enttäuscht, habe das aber abgehakt“, sagte Christina Honsel, „und ich habe etwas dabei gelernt. Jetzt gehe ich hochmotiviert in die Deutschen Meisterschaften, obwohl ich aus dem Training heraus starte. Im Moment bin ich im Kraft-Aufbautraining, das muss jetzt sein, es geht nicht anders, wegen der Olympischen Spiele. Mein Ziel ist aber trotzdem die Goldmedaille, mit mindestens 1,90 Meter.“
Julia Ritter hat hart gearbeitet
Mit der Kugel strebt auch Julia Ritter nach einem Platz auf dem Treppchen. Den Diskus, ihr zweites Wurfgerät, hat sie seit Monaten nicht angefasst. „Wir haben uns in diesem Jahr auf das Kugelstoßen fokussiert, weil es in diesem Jahr die Chance gibt, es nach Paris zu schaffen. Ich war jetzt noch einmal zwei Wochen im Trainingslager auf Fuerteventura und habe hart gearbeitet“, sagte Julia Ritter. Anschließend gewann sie einen Wettkampf in Portugal, allerdings mit einer Weite von unter 18 Metern. Für die Wettkämpfe in Braunschweig ist die Wattenscheiderin zuversichtlich: „Große Wettkämpfe liegen mir, und ich habe das Gefühl, dass ich nach Paris fahren werde.“ So weit geht Vereinskollegin Annina Brandenburg nicht. „Ich hatte in diesem Jahr endlich mal wieder eine Bestleistung. Zuletzt war ich bei Deutschen Meisterschaften immer konstant Sechste, da könnte mal mehr kommen.“Das Wattenscheider Aufgebot für die DM in Braunschweig [Foto: Lisa Marie Gläsert / TVW 01]
So tief stapelt Marius Probst nicht, Zurückhaltung ist bekanntlich nicht so „sein Ding“. Der amtierende Deutsche Meister über 1.500 Meter draußen und in der Halle will seinen Titel selbstverständlich verteidigen – und hat gute Chancen, in diesem Jahr zum ersten Mal an Olympischen Spielen teilzunehmen. Im Qualifikations-Punkte-Ranking liegt er derzeit vorn, die direkte Norm hat er zuletzt um einen Atemzug verpasst. „Ich schiele aber auch auf die nationalen Meisterschaften in Polen und den Niederlanden, da gibt es noch zwei Läufer, die mich überholen könnten“, sagte Marius Probst.
In diesem Jahr ist er schon zweimal persönliche Bestzeit über seine Lieblingsstrecke gelaufen. „Ich bin in Topform und habe alles selbst in der Hand“, so Probst, „und ich verfolge für Braunschweig auch einen genauen Plan, den ich natürlich nicht verraten werde. Ich will den Titel wieder gewinnen und bin für jedes Rennen zu haben, ob langsam oder schnell.“
Marius Probst will Titel verteidigen
Über 1.500 Meter werden auch die Wattenscheider Florian Zittel, dessen Fokus wie bei Nachwuchs-Sprinterin Jolina Ernst auf der U23-Meisterschaft ein Wochenende später liegen dürfte, und Maximilian Feist an den Start gehen. Bei den Frauen startet Verena Meisl, die allerdings krankheitsbedingt zuletzt kaum trainieren konnte. „Ich bin aber trotzdem zuversichtlich“, sagt Meisl, „ich werde alles geben und mich nicht kampflos geschlagen geben.“Das wird Sprinterin Tatjana Pinto ebenso sehen. Die mehrfache Deutsche Meisterin ist von einem mehrmonatigem Trainingsaufenthalt auf Jamaica zurückgekehrt und hat sich mittlerweile wieder in Deutschland akklimatisiert. Jetzt will Tatjana Pinto erneut angreifen: „Ich habe dort einige Fortschritte gemacht, in einer starken Trainingsgruppe. Aber eine Deutsche Meisterschaft bleibt immer etwas Besonderes, ich bin überzeugt, dass einiges möglich ist. Ich weiß, was ich kann.“
Das weiß auch Nils Voigt. Der 10.000-Meter-Spezialist geht schon am Freitagabend über die 5.000 Meter an den Start. Das Langstreckenrennen ist von den Organisatoren vorverlegt worden. „Ich wäre lieber mit allen anderen Athleten gemeinsam im Stadion am Start, das macht für mich Deutsche Meisterschaften aus“, gibt Voigt zu. Die Chancen auf eine Olympiateilnahme stehen für den Wattenscheider nach eigener Aussage allerdings schlecht. Es habe einfach nicht genügend schnelle Rennen gegeben, die ihm liegen. In Braunschweig will Nils Voigt dennoch überzeugen. „Ich bin der Sechste der Meldeliste“, sagt er, „und auch kein Spezialist auf den 5.000, trotzdem werde ich versuchen, eine Medaille zu holen. Und Olympische Spiele gibt es ja auch noch 2028.“
Daniel Jasinski schielt noch auf Paris
Auf die Spiele 2028 schaut genau wie Voigt Diskus-Talent Joyce Oguama. Die frisch gebackene Deutsche Hochschulmeisterin geht ohne Medaillen-Ambitionen in die „Deutschen“ nach Braunschweig. „Mein Weiten-Ziel habe ich in dieser Saison schon erreicht, die Top-8 werden in Braunschweig keine leichte Sache, dennoch ich habe es drauf, da mitzuwerfen“, sagte sie, „und ich freue mich drauf, ich muss mich in Sachen Kraft und Technik aber noch verbessern.“ Daran arbeitet auch Daniel Jasinski. Der Olympia-Dritte von 2016 hat Paris aber noch nicht abgeschrieben: „Die Saison lief nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt habe, ich bin so hin- und hergesprungen zwischen 63 und 64 Metern in den letzten Monaten“, sagte der Wattenscheider, „im Trainingslager auf Fuerteventura war ich die erste Woche krank, konnte dann aber trotzdem noch Saisonbestleistung werfen. Für die Deutschen ist der Plan klar, ich will zu Olympia und da muss eine ordentliche Saisonbestleistung her.“
Das mit der durchwachsenen Saison kennt auch Monika Zapalska. Die Hürdensprinterin hatte zwischenzeitlich mit körperlichen Problemen zu kämpfen, nachdem sie eine Menge internationaler Wettkämpfe bestritten hatte. Einen Monat hatte sie deswegen keine Wettkämpfe bestritten, es war eine Pause nötig. „Aber ich habe in der Zeit gut trainiert“, so Zapalska, „und wenn man so lange keine Zeit keine Wettkämpfe gemacht hat, dann hat man auch Bock drauf. Deswegen freue ich mich schon aufs Wochenende.“