Quelle: FLVW
Pia Meßing (l.) und Joana Herrmann mit ihren Medaillen von der U20-EM.
Die beiden Westfälinnen Pia Meßing (TV Gladbeck) und Joana Herrmann (SV Teuto Riesenbeck) haben bei der U20-Leichtathletik-Europameisterschaft Anfang August in Israel für Furore gesorgt. Meßing holte die Silbermedaille im Siebenkampf, Herrmann durfte sich über Bronze im Hochsprung freuen. Wir haben uns mit den beiden Nachwuchshoffnungen unterhalten.
Ihr seid vor wenigen Tagen zurück aus Jerusalem gekommen. Mit etwas Abstand – wie habt ihr die U20-EM erlebt?Pia Meßing: Es war sehr aufregend und emotional, auch weil ich mir das Leben im Wettkampf etwas schwer gemacht habe. Aber insgesamt war es eine unvergessliche Zeit und total schön. Auch weil dieses Mal meine Eltern mit dabei waren und das alles mit mir erleben konnten.
Joana Herrmann: Es war anders als im vergangenen Jahr, als ich auch schon dabei war. Ich konnte mich viel mehr auf mich selbst konzentrieren. Ich war nicht so sehr damit beschäftigt, was um mich herum passiert. Ich habe es als sehr schön empfunden und habe es sehr genossen, dort zu sein.
Wie empfindet ihr die Atmosphäre bei internationalen Wettkämpfen?
Herrmann: Ich fand es richtig cool. Eine große Gemeinschaft, weil auch alle anderen Nationen für einen geklatscht und einen angefeuert haben. Oder wenn z. B. Siegerehrungen stattgefunden haben, während des eigenen Wettkampfs, dann musste man kurz aufstehen und den anderen Athletinnen und Athleten die Aufmerksamkeit geben. Dadurch hat man auch mit den anderen gefühlt. Das war schön.
Meßing: Das ist schon was ganz Besonderes. Die Deutschen Meisterschaften sind ja auch schon sehr groß. Aber bei einer EM ist das noch mal was Anderes. Überall wird englisch gesprochen. Die anderen Athletinnen, mit denen man bei einer DM konkurriert, sind im gleichen Team. Und die Nervosität ist auch eine andere.
Was bedeutet euch die Medaille?
Meßing: Darüber bin ich überglücklich. Bei der Zeremonie war ich die ganze Zeit am Strahlen. Immer wenn ich die Medaille sehe, denke ich: krass, schon die zweite internationale Medaille (Bronze im vergangenen Jahr bei der U18-EM, Anm. d Red.). Ich habe mich auch über die meine Medaille bei der Deutschen Meisterschaft gefreut und freeu mich auch immer noch darüber. Eine internationale Medaille ist dann aber noch mal eine Stufe höher.
Herrmann: Die bedeutet mir alles. Ich dachte, ich könnte das dann nach ein paar Tagen realisieren, aber ich kann es irgendwie immer noch nicht richtig glauben, dass ich die diejenige bin, die Dritte wurde. Damit hätte ich vorher nicht gerechnet, dass ich es so weit nach oben schaffen würde.
Seit der EM fühlen sich die beiden Athletinnen enger verbunden.
Wie war euer Kontakt untereinander vor Ort?Herrmann: Wir waren im Stadion zusammen und haben uns natürlich unterhalten, wie die Wettkämpfe waren. Wir haben uns auch gegenseitig unterstützt. Ich würde schon sagen, dass das unsere Beziehung gestärkt hat. Das hat sich schön angefühlt, noch jemand aus Westfalen dabei zu haben.
Meßing: Ich habe Joana bei ihrem Wettkampf total angefeuert. Wir waren zu dem Zeitpunkt schon fertig und konnten alles live verfolgen. Wir waren ihre Fan-Gemeinde und haben da richtig Stimmung gemacht. Das hat sie auch gemerkt, dass wir hinter ihr stehen.
Herrmann: Pia hat alles gegeben beim Anfeuern. Ich habe das total mitbekommen. Kurz vor dem Sprung, wo man eigentlich komplett bei sich sein sollte, habe ich von der Tribüne ihre Rufe gehört und das hat mir noch mal einen Kick gegeben.
Was sind eure nächsten Ziele?
Meßing: Bei den Deutschen Meisterschaften im Mehrkampf (1.-3. September in Hannover, Anm. d. Red.) möchte ich eine neue persönlichen Bestleistung angreifen. Über die Einsätze in der Halle habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht. Das muss ich noch mit meinem Trainer besprechen, der hat da den besseren Überblick (lacht). Nächstes Jahr ist die WM in Peru dann das große Ziel. Da möchte ich mich auf jeden Fall qualifizieren.
Herrmann: Bei mir steht als nächstes großes Ziel nächstes Jahr die DM in der Halle an. Eventuell auch noch die U23-DM. Und natürlich will ich auch die WM anpeilen. Peru wäre sehr cool. Das möchte ich auf jeden Fall schaffen.
Was macht ihr außerhalb der Leichtathletik?
Meßing: Viel Zeit bleibt da nicht. Ich gehe noch zur Schule und mache 2025 mein Abitur. Ich wohne in Lette (FLVW-Kreis Ahaus/Coesfeld, Anm. d. Red.) und pendle immer zum Training nach Gladbeck. Das ist eine hohe Belastung, aber bis jetzt habe ich das gut hinbekommen und ich möchte es auch gar nicht anders haben. Ich habe mich ja bewusst dafür entschieden. Seit August habe ich meinen Führerschein. Das ist zumindest für meine Eltern eine große Erleichterung.
Herrmann: Eigentlich auch nur noch Schule. Da gehe ich im Moment in die 12. Klasse. Sonst habe ich nicht viel Zeit. Ich reite sehr gerne, aber das rückt zeitlich auch immer mehr in den Hintergrund. Da ich aber immer noch bei meinem Heimatverein trainiere und in der Nähe wohne, kann ich – zumindest in der Sommersaison – mit dem Fahrrad zum Training fahren.
Wie habt ihr die Leichtathletik-WM in Budapest verfolgt?
Herrmann: Ich habe mir die 400 Meter Hürden angeschaut. Und Hochsprung habe ich natürlich verfolgt. Das ist schon faszinierend, wie hoch die springen können.
Meßing: Mich hat vor allem der Hürdenlauf interessiert. Weitsprung finde ich auch total interessant. Die Langstrecken sind jetzt nicht so meins, aber ansonsten interessiere ich mich für fast alle Disziplinen, vor allem für die technischen Disziplinen. Da kann ich mir noch einige Sachen bei der Ausführung abgucken.
Welche Vorbilder habt ihr?
Meßing: Anna Hall (WM-Silber 2023, Anm. d. Red.) hat einfach was, Nafissatou Thiam (Olympia-Gold 2016 und 2020, Anm. d. Red.) finde ich auch cool. Und Katharina Mary Johnson-Thomspon (WM-Gold 2023, Anm. d. Red.). Das sind schon drei besondere Persönlichkeiten aus dem Siebenkampf, die kann man schon als Vorbilder bezeichnen.
Herrmann: Ariane Friedrich (WM-Silber 2009 im Hochsprung, Anm. d. Red.) finde ich total faszinierend. Obwohl wir uns nicht persönlich kannten, hat sie mir vergangenes Jahr nach der U20-EM geschrieben und mir Mut zugesprochen. Das hat mich total aufgebaut und mir viel bedeutet.
Vielen Dank für das Gespräch!