Quelle: Bulgarischer Fußballverband
Seit 50 Jahren besteht die Partnerschaft zwischen den Fußballverbänden aus Westfalen und Bulgarien. Im vergangenen Jahr war die U16 zu Gast in Sofia.
Während der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 bezog die Nationalmannschaft Bulgariens ihr Quartier in der Sportschule Kaiserau. Die optimalen Rahmenbedingungen auf dem Verbandssitz des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW) und die Gastfreundlichkeit der Westfalen sorgten schnell für eine freundschaftliche Atmosphäre. Dass sich hieraus die längste Partnerschaft des FLVW und einem internationalen Sportverband entwickeln sollte, konnte damals niemand erahnen. Es benötigte aber Persönlichkeiten, die sich zielstrebig und hartnäckig für die Partnerschaft stark machten.
Auf FLVW-Seite waren in der Startphase unter anderem Paul Rasche (Präsident) und Willi Scheuerl (Verbandsjugendobmann) die entscheidenden Akteure. Auf Seiten der Bulgaren war und ist der aktuelle Vizepräsident des Bulgarischen Fußball-Verbandes (Bulgarian Football Union – BFU) Michail Kassabov wesentlicher Akteur, für die gelebte Partnerschaft bis heute.Michail Kassabov, Manfred Knipping, Manfred Deister und Willi Scheuerl († / v. l.).
Bei dem Besuch der westfälischen Jugendauswahl im Herbst 2000 wurde Willi Scheuerl als Dank und in Anerkennung seiner Verdienste um die bulgarisch-deutsche Freundschaft mit der höchsten durch den Verband zu vergebener Auszeichnung geehrt. Willi Scheuerl war erst der vierte ausländische Sportfunktionär, der die Verdienstnadel in Gold erhalten hat. Bei der Verleihung brachte Kassabov seine Hoffnung zum Ausdruck, die deutsch-bulgarische Freundschaft möge auch die nächsten 25 Jahre überstehen.
„Heute, im Jahr 2024 können wir bestätigen, dass sich diese Hoffnung erfüllt hat. Dies ist wiederum den nachfolgenden Verantwortlichen im Verbands-Jugend-Ausschuss, Manfred Deister, Harald Ollech und Holger Bellinghoff, sowie dem FLVW-Präsidium, die diese Partnerschaft immer vorbildlich unterstützt haben, zu verdanken“, heißt es aus dem SportCentrum Kaiserau.
Im Zentrum der Partnerschaft stehen aber seither Nachwuchsspieler beider Nationen. Der gegenseitige Besuch von Jugendauswahlmannschaften ist auch heute der Kern der Partnerschaft. Und so konnten in den 50 Jahren unzählige westfälische und bulgarische Spieler von dem Austausch sportlich und persönlich profitieren. Die heutige „Reisefreiheit“ vermag selbstverständlich sein, war sie jedoch in der Anfangszeit der Partnerschaft nicht. Bulgarien befand sich hier erst in der Entwicklung zur demokratischen Staatsform. Es bedurfte eine umfangreiche Zusammenarbeit und Unterstützung der Konsulate und der Politik, um die Ein- und Ausreisen für den Jugendaustausch zu realisieren.
So berichtete der WestfalenSport 1991 über die Hilfsaktion.
Die Vergleichsspiele zwischen der Jugendnationalmannschaft Bulgariens und der Westfalenauswahl waren immer die sportlichen Highlights. „Spieltechnisch herausfordernd“ und „internationale Härte“ waren insbesondere vor der Jahrtausendwende die wesentlichen Aspekte der ehemaligen FLVW-Verbandssportlehrer Otto Schneider, Detlev Brüggemann und Paul Schomann.
Die sportliche Zielsetzung ist sowohl für die Bulgaren als auch die Westfalen unverändert. Die Jugendnationalmannschaft Bulgariens nutzt die optimalen Bedingungen im SportCentrum Kaiserau zur Vorbereitung auf Wettbewerbe bzw. Qualifikationsturniere der UEFA. Für die Westfalenauswahl steht die Vorbereitung auf die DFB-Sichtungsturniere im Mittelpunkt. Für die Verbandsauswahl ist es schon etwas Besonderes, sich über sieben Tage gemeinsam als Team entwickeln zu können. Die Spiele liefen zumeist ausgeglichen mit entsprechenden Erfolgen auf beiden Seiten.
Fast 40 Jahre lautete für die Westfalen das Ziel in Bulgarien Varna bzw. Burgas. Die Unterbringung erfolgte zunächst im „Urlaubsheim der Polizei“ und später im Gästehaus der Regierung am Schwarzen Meer. Neben den Bademöglichkeiten hatte die Region mit der historischen Altstadt Nessebar und dem Rilagebirge viel zu bieten. Da die Aufenthalte in Bulgarien zunächst während der Schulzeit stattfanden, wurden die Reise von Schulräten (in enger Kooperation mit den Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold und Münster) begleitet, die einen Teil des Unterrichtsausfalls kompensierten und gleichzeitig über das Gastland in Geschichte und Politik Wissenswertes vermittelten.
Auch der aktuelle Vorsitzende des Verbands-Jugend-Ausschusses (VJA), Harald Ollech, pflegt die langjährige Partnerschaft.
Die anfänglichen Sprachbarrieren zwischen den Jugendlichen konnten nach und nach deutlich abgebaut werden, da an den Schulen Bulgariens auch Englisch gelehrt wurde. Das trug erheblich zum Gespräch der Jugendlichen untereinander bei und erfüllte die Grundideen des Jugendaustausches dieser bilateralen Besuche.
Seit 2011 ist für die Westfalenauswahl Sofia und hier das errichtete Basecamp des Bulgarischen Fußballverbandes das Reiseziel. Ähnlich wie im SportCentrum Kaiserau vereint dies in direkter Nähe die Unterbringung und die Trainingsmöglichkeiten. Einen direkten Unterricht gibt es auf Grund der Durchführung in den Osterferien nicht mehr. Dennoch erhalten die Auswahlspieler wichtige Hilfestellung in der Vorbereitung auf die dann anstehenden zentralen Abschlussprüfungen für die Klasse 10.
1990/1991 brachte der FLVW eine Spendenaktion auf den Weg. Der Beirat (heute Ständige Konferenz) rief in Westfalen zur Unterstützung der Jugend in Bulgarien auf. Der FLVW sorgte selbst für einen Grundstock und dank westfälischer Vereine sowie durch gezielte Sonderaktionen konnte die Spendensumme auf 40.000 DM gesteigert werden. Auch die Betreuer und Eltern beim ARAG Cup 1991 in Duisburg-Wedau sammelten für die Aktion und der Spielführer der Paderborner Auswahl überreichte dem damaligen FLVW-Schatzmeister Gerd Henkenötter einen symbolischen „Geldsack“.
1999 wurde die 25-jährige Freundschaft zwischen den Verbänden gefeiert.
Über den damaligen Ausstatter der westfälischen Fußballjugend konnten mit günstigen Konditionen unter anderem warme Kleidung im Wert von über 100.000 DM angeschafft werden. Die Logistik für die 58 Kartons mit einem Gewicht von 1,1 Tonnen war zu dieser Zeit eine besondere Herausforderung. Der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien erforderte neue Planungen. Eine Lösung bahnte sich an, als das Rote Kreuz in Zusammenarbeit mit den Regierungsstellen des Landes NRW einen Konvoi mit Medikamenten für Bulgarien zusammenstellte. Die Regierung in Düsseldorf erklärte sich bereit, die FLVW-Spende zuzuladen. Alle Ländergrenzen konnten sicher passiert werden und die Verteilung durch den Bulgarischen Fußball-Verband stand nach Ankunft in Sofia nichts mehr im Wege.
Der gegenseitige Besuch der Auswahlmannschaften findet grundsätzlich jährlich mit einem Besuch der Westfalen in Bulgarien und einem Besuch einer Junioren-Nationalmannschaft Bulgariens im SportCentrum Kaiserau statt. Zuletzt führe nur die Corona-Pandemie zu einer kurzen Unterbrechung.
Der Besuch der U17-Junioren-Nationalmannschaft Bulgariens vom 6. bis 13. September 2024 findet somit im Jubiläumszeitraum statt. In bewährtet Form sind die Vergleichsspiele gegen die Westfalenauswahl auf den Sportanlagen westfälischer Vereine geplant. Neben dem sportlichen Ergebnis ist es vor allem die immer wieder vorbildliche Gastfreundschaft, die allen Beteiligten in Erinnerung bleibt. 2024 werden die Spiele beim SV Herbern (wiederholte Ausrichtung) und dem Holzwickeder SC ausgetragen:
- Samstag, 7. September (11 Uhr / SportCentrum Kaiserau):
U17 SV Lippstadt 08 – U17 Bulgarien - Dienstag, 10. September (18 Uhr / Rasenplatz SV Herbern):
U17 Westfalen – U17 Bulgarien - Donnerstag, 12. September (18 Uhr / Sportanlage Holzwickeder SC):
U17 Westfalen – U17 Bulgarien