
Quelle: © Iris Hensel
Verena Meisl siegt nach einem imposanten Schlussspurt
Die vertraute Atmosphäre, die optimalen Bedingungen und die kurzen Anfahrtswege. Die westfälischen Leichtathlet*innen nutzten am Wochenende bei den deutschen U23-Meisterschaften im Wattenscheider Lohrheidestadion ihren Heimvorteil und konnten bei den 38 Siegerehrungen zwölfmal Edelmetall in Empfang nehmen. Zweimal gab es Gold und je fünfmal Silber und Bronze.
Der 1.500-Lauf der weiblichen Jugend U23 bescherte das absolute Highlight aus westfälischer Sicht: Verena Meisl (LG Olympia Dortmund) ließ es in dem Rennen zunächst recht locker angehen. Erst auf den letzten 800 Metern preschte die 21-jährige Dortmunderin nach vorn und gab auf den letzten 120 Metern mit einem eindrucksvollen Finish ihren Mitkonkurrentinnen klar das Nachsehen.In 4:24,69 Minuten setzte sich die Vorjahrsdritte über diese Distanz sicher vor Fabine Meyer (TV Westfalia Epe / 4:25,58 Min.) und der überraschend starken Rahel Brömmel (LG Olympia / 4:26,81 Min.) durch. Mit Anneke Vortmeier (TV Wattenscheid), die in der Endphase noch einmal richtig Druck machte, kam eine weitere westfälische Athletin auf den vierten Rang. „Wenn in einem Rennen drei Medaillen und dann auch noch der vierte Rang an einen Landesverband gehen, dann ist das schon etwas ganz Besonderes“, betonte der Vorsitzende des westfälischen Verbands-Leichtathletik-Ausschusses, Bernhard Bußmann.
Bei den deutschen Meisterschaften vor einem Monat in Berlin musste sich Verena Meisl im 800-Meter-Lauf der Frauen noch mit dem vierten Rang in 2:05,17 Minuten begnügen. Daher war für sie die 1.500-Meter-Distanz in Bochum-Wattenscheid auf jeden Fall die bessere Wahl. „Nach wie vor bilden die 1.500 Meter für mich meine Lieblingsstrecke. In Berlin bin ich nur auf die 800 Meter ausgewichen, weil ich vorher ein wenig erkältet war“, erläuterte die neue U23-Meisterin. Im Lohrheidestadion hat sich Verena Meisl ganz auf ihre Spurtqualitäten verlassen. „Das hat glücklicherweise alles gut funktioniert. Ich habe während des Rennens aus meiner Mittelfeldposition alles genau beobachtet und gemerkt, dass mir alles in die Karten spielte. Das gab mir für die Endphase sehr viel Selbstsicherheit“, berichtete die überglückliche Siegerin, die über 1.500 Meter eine persönliche Bestzeit von 4:13,86 Minuten (2022) hat.
Titel im Weitsprung und Bronze mit der 4 x 100-Meter-Staffel
Die zweite westfälische Titelträgerin, Nicola Kondziella (TV Wattenscheid), deutete bereits bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften vor einem Monat in Berlin mit ihrem sechsten Rang im Weitsprung mit 6,44 Meter an, dass sie sich in einer vielversprechenden Form befindet. Die 20-jährige Athletin von Frank Bartschat hatte sich daher für die deutschen U23-Meisterschaften vor heimischer Kulisse in Bochum-Wattenscheid etwas Besonderes vorgenommen - und ihr Wunsch ging in Erfüllung. Im zweiten Versuch des Weitsprungs flog sie auf respektable 6,39 Meter und sicherte sich damit den Titel vor Mikaelle Assani (KG Regio Karlsruhe / 6,17 Meter) und Aliena Heinzmann (TV Eppingen / 6,08 Meter). Auch ihre zweitbeste Weite (6,29 Meter) hätte noch zum Titelgewinn gereicht.
Nicola Kondziella holte mit deutlichem Vorsprung den Weitsprung-Titel [Foto: Iris Hensel]
Nicola Kondziella hatte bei der Heim-DM noch einen weiteren Grund zur Freunde: Vor ihrem Weitsprung-Erfolg führte die Wattenscheiderin ihre Staffelkolleginnen (Ernst, Bleibtreu, Malecki, Kondzella) nämlich noch über 4 x 100 Meter in 45,74 Sekunden zur Bronzemedaille. Auch bei den Junioren gab es über 4 x 100 Meter Bronze für die Blauhemden (Hartleif, Bekker, Superniak, Lewandowski). Die Zeit dieses Quartetts: 42,31 Sekunden.
Madleen Malecki mit Silber über 100-Meter-Hürden
Nach dem Halbfinale zählte Madleen Malecki über 100-Meter-Hürden mit ihrer Zeit von 13,79 Sekunden zu den Medaillenkandidatinnen, doch es bestand noch ein kleiner Unsicherheitsfaktor. Den beseitige die 19-jährige Wattenscheiderin im 100-Meter-Hürden-Finale, als sie sich nach einer starken Vorstellung auf ausgezeichnete 13,68 Sekunden steigerte und damit hinter der überlegen siegenden Marlene Meier (TSV Bayer Leverkusen / 13,49 Sek.) die Silbermedaille gewann. Madleen Malecki, die bei dem engen Finish Franziska Schuster (TSV Bayer 04 Leverkusen / 13,69 Sek.) auf Platz drei verwies, kam mit acht Jahren per Zufall zur Leichtathletik als ihre Freundin Linda sie mit zum Training des TB Rauxel nahm und sie sofort Gefallen an dieser Sportart fand.
Stolze Silbermedaillen-Gewinnerin: Madleen Malecki [Foto: FLVW]
Siegerin Marlene Meier hat dagegen ganz berühmte Eltern. Sie ist die Tochter von Heike Henkel (58) und Paul Meier (50). Beide waren deutsche Olympia-Stars. Mutter Heike gewann unter anderem 1992 in Barcelona Olympiagold mit 2,02 Meter.
Zwei Medaillen gab es für Jaron Boateng [Foto: FLVW]
Weit- und Dreispringer Jaron Boateng holt Silber und Bronze
Jaron Boateng (TV Wattenscheid) hatte sich von seinen Vorleistungen nicht als Medaillenkandidat aufgedrängt. Doch der junge Wattenscheider, Jahrgang 2001, überraschte an beiden Meisterschaftstagen. Im dritten Versuch des Weitsprung erreichte er 7,33 Meter und durfte anschließend Silber in Empfang nehmen. Tags zuvor flog Jaron Boateng im vorletzten Durchgang auf ausgezeichnete 14,96 Meter und landete damit auf dem Bronzerang. Wie groß die Leistungssteigerung des Wattenscheiders war, zeigt die Tatsache, dass er vor den Titelkämpfen mit 14,22 Meter lediglich an siebter Stelle der DLV-Bestenliste lag. Boateng versteht sein Metier auch im Stabhochsprung, in dem er bereits 4,20 Meter meisterte.Eine erfreuliche Vorstellung im Weitsprung bot neben Jaron Boateng auch Maximilian Busse (LG Brillux Münster), der sich mit der Weite von 7,24 Meter über Bronze freuen konnte. Eine Plakette mit derselben Farbe ging auch an seinen Teamkollegen Marco Sietmann, der über 3.000-Meter-Hindernis das Rennen als Dritter in erfreulichen 9:25,78 Minuten beendete.
Timo Northoff bis auf sieben Zentimeter an Gold dran
Nur ein gültiger Versuch reichte Favorit Eric Maihöfer (VfL Sindelfingen), um das Kugelstoßen mit 18,42 Metern zu gewinnen. Doch es blieb bis zum Schluss spannend, denn Lokalmatador Timo Northoff (TV Wattenscheid) kam noch bis auf sieben Zentimeter an die Weite des Sindelfingers heran und gewann mit 18,35 Metern Silber.Im 5.000-Meter-Lauf absolvierte Kira Nahen (LC Paderborn) ein taktisch kluges Rennen und sicherte sich Silber in 16:53,23 Minuten. „Ich bin total überrascht und überwältigt, dass es für mich bei diesen Titelkämpfen zu einem Podestplatz gereicht hat“, freute sich die 20-jährige Paderbornerin. Über 5.000 Meter startete auch Linn Lara Kleine (LG Olympia Dortmund), die tags zuvor ihre Premiere als Co-Kommentatorin beim Live-Stream des Deutschen Leichtathletik-Verbandes auf leichtathletik.de gab. 24 Stunden später wechselte sie die Perspektive und befand sich als 5.000-Meter-Starterin selbst mitten im Geschehen. Dabei erkämpfte sich die frühere deutsche U18-Crossmeisterin in 16:57,79 Minuten einen beachtlichen vierten Rang in 16:57,79 Minuten. Diese Leistung ist für die sympathische Läuferin recht hoch zu bewerten, denn das Jahr verlief für sie nach einem Autounfall und einer Corona-Erkrankung alles andere als optimal.
[Peter Middel]