Quelle: Klaus Brand
An den Schulungen in Ostwestfalen-Lippe nehmen im Schnitt rund 70 junge Talente teil.
In Ostwestfalen-Lippe, einer Region, die schon mit Linda Stahl oder Lilli Schwarzkopf Medaillengewinnerinnen bei den Olympischen Spielen hervorgebracht hat, hat man seit vergangenem Jahr einen „Sonderweg“ für seinen Leichtathletik-Nachwuchs eingeschlagen, um Talente zu fördern und an ein höheres Niveau heranzuführen. Mit einem kleinen Kreis von engagierten Trainer*innen fing es an, die einen Plan entwickelten, vorhandene Möglichkeiten zu nutzen und im Winterhalbjahr ein Angebot an all die eher kleinen Vereine und all die (noch unentdeckten) Talente zu machen, ein- bis zweimal im Monat Schulungen anzubieten, um „Entwicklungshilfe“ fürs Training und für die Disziplinen zu geben, für die Bedarf angemeldet wird.
Für die Kollegen im Trainerteam bedeutete dies zusätzliche Arbeit, die sie einen Winter lang ohne Bezahlung und nur „aus Spaß an der Freud“ auf sich nahmen. Um die Identifikation mit dem Projekt herzustellen, wurde vereinbart, die Maßnahmen nicht an einem Ort durchzuführen, sondern in wechselnden Hallen in Ostwestfalen. Die großen Hallen in Paderborn und Bielefeld sollten die Haupt-Locations sein, aber auch die Kreissporthalle in Detmold mit besonderer Leichtathletik-Ausstattung oder die Hallen in Minden sollten hinzugezogen werden. Bei den zum Teil großen Entfernungen in der Region mit bis zu zwei Stunden Fahrt mussten daher alle Vereine einmal mehr, einmal weniger weit anreisen. Damit sich das auch lohnte, sollten jeweils vier Stunden zur Verfügung stehen.Das Gesamtkonzept war ein großer Erfolg. Die Vorsitzenden der neun Kreise im Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) bekamen mit, welche Aktivitäten in ihrer Nähe passierten und konnten überzeugt werden, dass eine gemeinsame Unterstützung nur von Vorteil für den Leichtathletik-Nachwuchs sein würde und sicherten sogar finanzielle Unterstützung zu – Ressourcen wurden gebündelt.
Tapio Linnemöller gehört zu den engagierten Trainer*innen in der ostwestfälischen Talent-Förderung [Foto: K. Brand].
Unter der Regie und dem in vielen Jahrzehnten entstandenen Netzwerk von Klaus Brand aus Detmold – Vorsitzender des Kreis-Leichtathletik-Ausschusses (VKLA) und Lehrwart – ging es auch in diesem Winter wieder ans Werk. Hallen wurden reserviert, Trainer*innenkollegen wurden begeistert, Werbung gemacht und alles so organisiert, dass möglichst viele Disziplinen angeboten werden konnten. Mittlerweile haben schon vier Veranstaltungen mit bekannter Coach-Kompetenz aus der Region stattgefunden.
Geballte Kompetenz im Coaching-Team
Bisher dabei waren neben Landesdisziplintrainer Mittelstrecke Milan Dransmann auch Michael Striewe (Bielefeld), Tapio Linnemöller (Minden), Steffen Biermann (Bünde), André Meyer (Paderborn), Enrico Krüger (Blomberg), Justus Stahlberg (Lage), Alexander Sczyba (Gütersloh) und Klaus Brand (Detmold) mit viel Engagement für den Nachwuchs und ihre Sportart tätig. Es konnten dadurch neben Sprint, Hürden und Mittelstrecke auch Weit-, Hoch- und Stabhochsprung sowie Kugelstoß, Diskus- und Speerwurf den Jugendlichen nahegebracht werden.Der Zuspruch hat alle überwältigt: 20 Vereine sind mittlerweile beteiligt. Bei jeder Schulung waren durchschnittlich 69 Teilnehmer*innen in den Hallen, darunter 14 Trainer, die ausgiebig die Gelegenheit nutzten, sich auszutauschen und stets Neues in ihren Heimatverein mitzunehmen. Man lernte sich untereinander kennen und hatte Spaß daran, sich in den Lieblings-Disziplinen weiterzuentwickeln.
Der Erfolg wird sich erst mittel- bis längerfristig zeigen. Viele der Jugendlichen sind noch nicht ins Wettkampfgeschehen eingebunden und suchen erst noch nach der für sie besten Disziplin. Wie sehr das Thema aber in die Zeit passt, zeigt, dass die Zeitschrift „Leichtathletik“ in der vergangenen Ausgabe „Junge Talente vor Ort finden – Ideen aus Leverkusen, Hamburg, Berlin und Frankfurt“ die Nachwuchsgewinnung zum Schwerpunktthema gemacht hat. Gute Ideen braucht der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) nun überall, und nicht nur in den großen Zentren. Dazu könnte der „Sonderweg Ostwestfalen-Lippe“ auch für den ländlichen Bereich einen wesentlichen Anstoß geben.
[Klaus Brand]