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  3. Diskussionsrunde in Münster: „Durch Krafttraining länger laufen“
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Diskussionsrunde in Münster: „Durch Krafttraining länger laufen“

Diskussionsrunde Münster Marathon 2024
Quelle: Peter Middel
Die Teilnehmer*innen an der Diskussionsrunde Prof. Dr. Thomas Wessinghage, Esther Pfeiffer, Henrick Pfeiffer und Marathon-Debütant Frank Gerding.

Wie sollen Läufer*innen damit umgehen, wenn ihr Leistungsvermögen altersbedingt von Jahr zu Jahr immer mehr schwindet? Diese und weitere Fragen zum Thema Laufen beantworteten der frühere 5000-Meter-Europameister Prof. Dr. Thomas Wessinghage, der deutsche Marathonmeister von 2022 Hendrik Pfeiffer, seine Ehefrau Esther und der Marathon-Debütant Frank Gerding im Rahmen einer zweistündigen Diskussionsrunde in Münster. ARD-Leichtathletik-Experte Ralf Scholt moderierte die gut besuchte Veranstaltung.

Dass sich unser Körper im Laufe der Jahre verändert, hat auch der inzwischen 72-jährige Thomas Wessinghage erfahren, aber es ist für ihn nicht einfach, sich vom Leistungsgedanken zu verabschieden.  „Ich habe gelernt, schnell zu laufen, ich habe aber noch nicht gelernt, langsam zu laufen, wenn ich allein unterwegs bin. Wenn ich laufe, komme ich oft an eine Grenze, die mir aufzeigt, dass ich jetzt ein hartes Training absolviere. Loslaufen und einfach die Gegend genießen, kann ich noch nicht“, verrät der frühere Weltklasse-Mittelstreckler, der nach 44 Jahren immer noch den deutschen Rekord über 1.500 Meter hält.  

Moderator Ralf Scholt bemerkte, dass dieses Nicht-Loslassen-Können für viele Läuferinnen und Läufer im fortgeschrittenen Alter zu einem großen Problem werden kann. Doch im Leben von Thomas Wessinghage hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. So befindet sich der frühere Chefarzt für Orthopädie und Sportmedizin der Medical-Park-Kliniken am Tegernsee seit 2020 im wohlverdienten Ruhestand und hat dadurch deutlich mehr Freiräume. „Ich habe in meiner Zeit als Leistungssportler regelmäßig zweimal am Tag trainiert und musste diese Einheiten mit meinen Aufgaben im Operationsaal und auf der Station koordinieren. Das klappte zeitlich ganz gut, ging aber oft auf Kosten der Regeneration. Jetzt laufe ich meist nur am Vormittag. Das ist super für mich, weil ich im Training gelegentlich noch it dem Hund Gassi gehe und mich anschließend ohne Zweitdruck entspannen kann,“ betonte der zweifache Europacupsieger und mehrfache Europäische Hallenmeister.

Im Winter, wenn es auf den hügeligen Wegen am Tegernsee manchmal recht glatt ist, schwingt sich der frühere Leichtathlet des Jahres (1981) gerne auf sein Rad, das unter einer Überdachung auf seiner Terrasse steht. Das Ergometer-Training an frischer Luft ist für ihn eine ideale Ergänzung zum Lauftraining.
 

„Die Trainingsprinzipien sind weitgehend gleichgeblieben“

Die Frage von Ralf Scholt, ob er Neuerungen in der Trainingslehre oder in der Trainingsmethodik noch an sich selbst ausprobiere, beantwortete Thomas Wessinghage mit einem klaren Nein. „Die ganzen schnelle Läufe kann ich altersbedingt natürlich nicht mehr absolvieren. Aber die Trainingsprinzipien sind im Laufe der Jahre weitgehend gleich geblieben. Nur die Umfänge und Intensitäten haben sich verändert. Da kenne ich mich aber noch bestens aus.“

Sich im Alter nur auf das Laufen zu konzentrieren und immer die nächsten Wettkämpfe im Hinterkopf zu haben, ist für Thomas Wessinghage nicht empfehlenswert. Auch Teilnahme an einem Marathonlauf ist für viele ältere Sportler immer mit einem gewissen Gesundheitsrisiko verbunden. Der Sportmediziner will den Marathonis jedoch den Laufspaß nicht verderben. Seine Devise lautet: „Die Vorbereitung auf einen Marathonlauf ist, wenn man es nicht übertreibt, mit das Gesündeste, das man in der heutigen Zeit seinem Organismus zukommen lassen kann. Wenn man so seinem Körper über einen längeren Zeitraum etwas Gutes gönnt, kann man auch hier und da einmal eine kleine Sünde begehen und am Marathon teilnehmen."

Der zweifache Europacup-Sieger über 1.500 Meter und 5.000 Meter spricht auch beim Thema Marathon aus eigener Erfahrung, denn 1989 legte er in Berlin bei seinem Marathon-Debüt die klassische Distanz in der für einen Mittelstrecken-Spezialisten phantastischen Zeit von 2:26:00 Stunden zurück. Ein Jahr später verbesserte er sich mit 38 Jahren sogar noch auf 2:24:00 Stunden. Insgesamt absolvierte er in den Folgejahren über 50 Marathonläufe.

Im Alter von 72 Jahren würde sich Thomas Wessinghage keinen vollständigen Marathonlauf mehr zutrauen: „Mein Körper weist mich inzwischen unmissverständlich darauf hin, dass ich nicht mehr für Hochleistungen programmiert bin. Ältere wie ich sollten das Älterwerden ganz entspannt annehmen, damit man mit sich und dem Laufen im Reinen ist.“ rät der Professor für Prävention und Gesundheit.


Krafttraining für Läuferinnen und Läufer wichtig

Der 22-fache deutsche Meister stuft in diesem Zusammenhang das Körpergefühl, das die Sprache des Körpers ist, recht hoch ein: „Diese Sprache sollte jeder verstehen, denn dem Problem des Älterwerdens   kann sich niemand entziehen. Läuferinnen und Läufer, die damit Schwierigkeiten haben, sollten sich vielmehr darüber freuen, dass sie im Vergleich zu 99 Prozent ihrer Altersgenossinen und -genossen, die keinen Sport reiben, immer noch topfit sind."

Ein großes Problem im Alter ist das Schwinden der Muskelkraft. Thomas Wessinghage rät daher älteren Menschen, ein gezieltes Krafttraining durchzuführen. „Es sorgt dafür, dass wir mobil bleiben, nicht so leicht stürzen. und damit auch im fortgeschrittenen Alter noch am sozialen Leben teilnehmen können. Für Frauen ist es gleichzeitig eine hervorragende Osteoporose-Prophylaxe.“

Für das Krafttraining ist jedoch ein gewisser Anstrengungsgrad notwendig, sonst hat es keine Wirkung. „Ich empfehle daher, zwei- oder besser noch dreimal in der Woche ein Krafttraining durchzuführen. Dann kann man die übrigen Tage mit ruhigem Ausdauertraining ausfüllen. Auch der Läufer, der noch mit Herz und Seele dabei ist, wird irgendwann einmal erkennen, dass er um Krafttraining nicht herumkommt, wenn er noch lange am Laufen Freude haben möchte,“ betonte Thomas Wessinghage.
 

Carbon-Schuhe entlasten Muskulatur und Gelenke

Interesse weckten während der Diskussionsrunde auch Esther und Hendrik Pfeiffers Carbon-Schuhe. Hendrik ist bis 2016 noch in „normalen“ Tretern gelaufen. Seitdem bevorzugt er die High-Tech-Schuhe. Der entscheidende Unterschied ist für ihn nicht so sehr der Federeffekt, sondern die Dämpfung. „Das Laufen auf Asphalt ist für meine Muskulatur und meine Gelenke durch die Carbon-Schuhe nicht mehr so belastend, sodass ich im Rennen meinen sauberen Laufstil länger durchhalten kann. Durch meine Carbon-Schuhe bin ich jetzt auch in der Lage, ein oder zwei Marathonläufer im Jahr mehr zu bestreiten.“

Auch im Training kann der Langstreckler vom TK Hannover eine hochwertige Einheit pro Woche mehr unterbringen: „Mein Problem ist nämlich nicht mein Herz-Kreislauf-System, damit könnte ich wahrscheinlich 2:02 oder 2:03 Stunden im Marathonlauf erzielen, sondern meine muskuläre Ermüdung, und da bilden die Corbon-Schuhe  schon eine große Hilfe für mich.“ Diesen Vorteil weiß auch seine Ehefrau Esther, die 2023 deutsche Marathonmeisterin wurde, zu schätzen.

[Peter Middel]

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