Quelle: Andrea Bowinkelmann / LSB NRW
FLVW-Vizepräsidentin Marianne Finke-Holtz gehört zu den Fußballerinnen der ersten Stunde
Fokus auf Frauenfußball: Mit der DFB WOMEN'S WEEK stärkt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den kickenden Frauen und Mädchen bundesweit den Rücken. Das sieht Marianne Finke-Holtz, Vorsitzende der Kommission Frauenfußball im Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) und selbst jahrzehntelang aktive Spielerin und Trainerin, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Warum, erklärt sie im Interview mit FLVW.de.
Frau Finke-Holtz – Sie gehören zu den Fußballerinnen der ersten Stunde und sind auch abseits des Platzes immer am Ball geblieben als Trainerin und Funktionärin. Ihr Urteil als Fachfrau: Braucht der Frauenfußball die WOMEN'S WEEK?Marianne Finke-Holtz: Auf jeden Fall! Wir dürfen nicht nachlassen, für den Frauen- und Mädchenfußball zu werben. Das machen wir in Westfalen seit der Einführung der Kommission Frauenfußball vor zwölf Jahren mit viel Engagement und Kreativität. Wir haben die Koordinator*innen Frauenfußball in den Kreisen etabliert und den Dialog mit der Basis intensiviert. Gemeinsam Strukturen in den Ligen optimiert, Angebote im Ü-Bereich geschaffen und bis Ende 2025 wollen wir 25 Prozent mehr aktive Spielerinnen im Fußball.
Wie soll das gehen?
Finke-Holtz: Bis Ende 2025 wollen wir Angebote für jede Frau und jedes Mädchen im Umkreis von 15 bis 20 Kilometer des Wohnorts etablieren. Dazu müssen wir es schaffen, dass sich bisher „weiße Flecken“ in den Kreisen dem Frauen- und Mädchenfußball öffnen und alle Mädchen und Frauen somit „kurze Wege“ zum Fußball haben. Aktuell haben knapp 30 Prozent aller Vereine im FLVW-Durchschnitt ein Angebot für Frauen- und Mädchenfußball – Ziel ist es, die Zahl bis 2027 auf mindestens 40 Prozent zu erhöhen.
Deshalb auch die Regionalgespräche, die Sie abgehalten haben …
Finke-Holtz: Exakt. Wir haben in sechs Regionen mit allen Kreisen Gespräche geführt, Zahlen, Daten und Fakten zur Entwicklung des Frauen- und Mädchenfußballs vor Ort diskutiert. Best-Practice-Beispiele vorgestellt und dann gemeinsam mögliche Ideen für die Basis kreiert. Jeder unserer 29 FLVW-Kreise entwickelt jetzt pro Saison ein individuelles Projekt, um den weiblichen Fußball „vor Ort“ weiter voranzubringen. Und das regelmäßig bis 2027.
Was sind das für Projekte?Warum nicht auch einmal ein Kinderfußball-Festival „nur in pink“?
Marianne Finke-Holtz
Finke-Holtz: Eine Kernaufgabe ist es, Mädchen bis zur U12 für den Fußball zu gewinnen – und damit deutlich früher als es bisher in vielen Kreisen geschieht. Hierzu bedarf es einer Zugangsvielfalt für die Mädchen, denn nicht alle Mädchen wollen in Mannschaften mit überwiegend Jungen spielen. Aber sie wollen Fußball spielen – und das im Verein, mit ihren Freundinnen. Dafür gibt es viele niederschwellige Angebote für den (Wieder-)Einstieg eines Vereins wie das Projekt „UEFAplaymakers“ oder die Durchführung vom „Tag des Mädchenfußball“. Warum nicht auch einmal ein Kinderfußball-Festival „nur in pink“? Aber damit nicht genug. Auch in unseren ehrenamtlichen Strukturen brauchen wir mehr Frauen. Wir wollen in jedem Ausschuss, jeder Kommission eine Frau. Und wir brauchen mehr Trainerinnen, mehr Schiedsrichterinnen. Dazu müssen wir den weiblichen Anteil beim Kinder-Trainer*innen-Zertifikat deutlich steigern, Lehrerinnen qualifizieren. Dazu haben wir Angebote nur für Mädchen und Frauen geschaffen, wie den "Junior Coach – Only Girls" und Sonder-Lehrgänge für B-Lizenz-Trainerinnen.
Und wir brauchen Spielerinnen, mit denen sich gerade die Mädchen identifizieren können …
Finke-Holtz: Deshalb ist das Engagement der Bundesligisten im Frauenfußball so wichtig und das großartige Auftreten unserer Nationalspielerinnen wie Alexandra Popp, Lena Oberdorf, Lina Magull, Sjoeke Nüsken oder Sophia Kleinherne – alles westfälische „Eigengewächse“. Klar ist aber auch, dass Identifikation nur durch Sichtbarkeit entstehen kann. Sichtbar werden wir, wenn wir die Sprache der Frauen und Mädchen sprechen und die aktuellen Kommunikationskanäle der Zielgruppen nutzen – und das auf allen Ebenen – im Verein und in der Nationalmannschaft. Und durchaus in „geballter“ Form wie es aktuell geschieht.
90.000 Zuschauer*innen sahen das EM-Finale der Frauen im Wembley-Stadion, mehr als 38.000 kamen zur Bundesliga Partie der FC-Frauen gegen Eintracht Frankfurt ins Kölner Stadion – es bewegt sich was …
Finke-Holtz: Die Resonanz ist sagenhaft, keine Frage. Auf der anderen Seite sind die Übertragungsrechte für die Frauen-Weltmeisterschaft noch nicht geklärt. Im schlimmsten Fall schauen wir in die Röhre. Und das hätte ich mir im Jahr 2023 nicht vorstellen können. Ehrlich gesagt genauso wenig, wie die Tatsache, dass wir heute noch eine Women’s Week für den Frauen- und Mädchenfußball brauchen. Aber, wir machen weiter und werden hoffentlich einen weitere neuen Zuschauerrekord beim Endspiel um den DFB-Pokal der Frauen in Köln erleben.
[FLVW.de]