
Quelle: Iris Hensel
Luka Herden (LG Brillux Münster), hier bei den Europameisterschaften 2024 in Rom, freut sich auf das "neue" Lohrheidestadion.
Luka Herden (25) startet bei den FISU World University Games, die vom 16.-27. Juli in der Rhein-Ruhr-Region stattfinden. Bei den Weltspielen der Studierenden repräsentiert Luka, der an der Universität Münster seine Doktorarbeit in der Humanmedizin schreibt und für die LG Brillux Münster startet, das deutsche Team im Weitsprung. Im Interview spricht er über seine Erlebnisse bei der Eröffnungsfeier, den Maßstab der Spiele mit Athlet*innen aus 150 Nationen und seine Zielstellung für die Wettkämpfe. Außerdem taxiert er seine Chancen für die Leichtathletik-WM in Tokio.
Luka, du hast am Mittwoch an der Eröffnungsfeier der FISU World University Games in Duisburg teilgenommen. Berichte uns von deinen Eindrücken.Luka Herden: Für uns Leichtathlet*innen war die Teilnahme an der Eröffnungsfeier keine Pflicht, sondern eine Option, denn der offizielle Anreisetag war gestern. Für mich stand fest, dass ich dieses coole Erlebnis gerne mitnehme – und es hat sich gelohnt. Vor dem Einmarsch sind wir in den Nationen-Kabinen auf die Delegationen anderer Länder getroffen und direkt ging das von Olympia kopierte Pin-Tauschen los – generell ist der Austausch mit anderen Nationen ein großartiger Bestandteil der Spiele. Der Höhepunkt des Abends war dann unser Einmarsch: Als Deutsche haben wir die größte Delegation gestellt und als Gastgeber sind wir als letzte Nation eingelaufen; eine Band spielte, die deutsche und die FISU-Flagge wurden gehisst, unsere Nationalhymne wurde gespielt und das ganze Stadion hat mitgesungen – das war ein echter Gänsehautmoment.
Bei den Spielen kommen (studierende) Sportlerinnen und Sportler aus 150 Nationen zusammen, verteilt auf 18 Sportarten. So etwas kennt man sonst nur von Olympischen bzw. Paralympischen Spielen. Nimmt man als Athlet den enormen Maßstab des Events wahr oder eher die in sich abgeschlossenen Leichtathletik-Wettkämpfe?
Herden: Es ist eine Mischung aus beidem. Bei der Eröffnungsfeier gab es diesen Gedanken, dass das hier ein riesen Ding ist. Wenn man sich auf den eigenen Wettkampf einstellt, ist es aber nicht verkehrt, den Maßstab zu relativieren und sich vor Augen zu führen: Ich bin Teil eines Leichtathletik-Wettkampfes, in einem überschaubaren Stadion. Anders als bei den Olympischen Spielen mit dem Olympischen Dorf haben wir keinen gemeinsamen Fixpunkt, wir sind je nach Wettkampfort untergebracht. Damit geht auch einher, dass ich mir zwar gerne andere Disziplinen angucken würde, mit Blick auf die Distanzen aber zweimal darüber nachdenke, ob das vor meinem eigenen Wettkampf ratsam ist.

Gänsehautmoment für Luka Herden (rechts): Die Eröffnungsfeier der World University Games in Duisburg. [Foto: .© Kevin Voigt / Rhine-Ruhr 2025]
Stichwort Fixpunkt: Was sind die zentralen Orte und logistischen Achsen der Leichtathletik-Fraktion?
Herden: Die Leichtathlet*innen sind in Bochum untergebracht, verteilt auf acht bis zwölf Hotels. Shuttles bringen uns auf vier Routen zum Stadion, sodass wir komfortabel die Wettkampfstätten erreichen. Das Lohrheidestadion ist sicherlich der zentrale Ort für uns Athletinnen und Athleten, denn hier gibt es auch ein großes Zelt, in dem, abgesehen vom Frühstück, alle Mahlzeiten eingenommen werden können.
Widmen wir uns deinem Wettkampf. In welcher Verfassung gehst du in die Qualifikation, die am Mittwoch stattfindet?
Herden: In einer ziemlich guten! Vor zwei Wochen habe ich mit 8,01 Meter meine Saisonbestleistung aufgestellt. In Belgien habe ich dann vor einer Woche gemerkt, dass mein Körper nach einer sehr intensiven Wettkampfserie ein wenig Erholung braucht – meine Hoffnung, die WM-Leistungsbestätigungsnorm von 8,05 Meter anzugreifen, erfüllte sich nicht. Trotzdem habe ich solide 7,82 Meter abgerufen und es war eine gute Erkenntnis, dass ich auch im Zustand großer Ermüdung mein Fundament halte. Seitdem habe ich auf eine Mischung aus letzten Trainingssessions und aktiver Erholung gesetzt und führe das jetzt bis Mittwoch fort. Ich werde bereit sein.
Wie schätzt du deine Chancen im Feld ein?
Herden: Meine Zielstellung ist klar: Ich möchte ins Finale springen. Ich habe mich am Event vor zwei Jahren orientiert – da konnte man mit meinen Weiten mitreden. Aus dem übrigen Feld weiß ich bisher von Simon Batz und einem Neuseeländer, gegen den ich in Belgien gesprungen bin. Die Final Entries sollen heute erscheinen.
Welche Erinnerungen hast du an das Wattenscheider Lohrheidestadion?
Herden: Es ist schon ein paar Jahre her, das ich dort gesprungen bin, bei den deutschen U23-Meisterschaften 2022. Ich lasse mich jetzt vom „neuen“ Lohrheidestadion überraschen, rechne aber mit einem schönen Event-Stadion und tollen Wettkämpfen.
Werden wir dich bei den Spielen nur im Weitsprung oder auch auf der Bahn sehen?
Herden: Ich werde aller Voraussicht nach auf die 100 Meter verzichten, da sie am selben Tag stattfinden wie der Weitsprung; das Niveau im Sprint ist äußerst hoch und es macht für mich vermutlich wenig Sinn, in Vor- und Zwischenlauf Körner zu lassen, die mir dann im Weitsprung fehlen. Bei der 4 x 100-Meter-Staffel stehe ich für das Team bereit und sage: Wenn ihr mich dabeihaben wollt, dann bin ich dabei, und wenn es als fünfter Mann ist. Das wäre eine schöne Zugabe. So oder so werde ich mit unserer Staffel mitfiebern.
Deine von dir benannte Saisonbestleistung hast du am 05. Juli bei einem Meeting in Vári (Griechenland) aufgestellt. Teil des Feldes war der griechische Olympiasieger Militadis Tentoglou. Ist so eine Konstellation für dich noch etwas Besonderes?
Herden: Ich bin mittlerweile so erwachsen geworden, dass ich meinen eigenen Wettkampf mache – unabhängig davon, wer noch dabei ist. Gleichzeitig ist es natürlich total cool, mit dem Olympiasieger im gleichen Wettkampf zu sein, es ist Bestätigung und Motivationsschub. Militadis Tentoglou kennt mich durch die EM in Rom mit Namen; er kommt zu mir, fragt, wie es mir geht, man führt nette Gespräche – er ist in keiner Weise abgehoben. In Vári hat sein Coach mich sogar mitgecoacht. Das alles habe ich als ein kameradschaftliches Beisammensein erlebt.
Es besteht die Möglichkeit, dass du im September erneut auf Militadis Tentoglou triffst – bei der Weltmeisterschaft in Tokio. Wie taxierst du deine Chancen im "Race for Tokyo"?
Herden: Sehr wichtig sind für mich zunächst die 8,05 Meter. Davon abgesehen sind meine Chancen eine offene Frage. Das World Ranking hat extrem angezogen: Mit meinem aktuellen Punktestand hätte ich mich im letzten Jahr für die Olympischen Spiele qualifiziert – jetzt würden die Punkte für Tokyo nicht reichen. Theoretisch habe ich noch bis Mitte August Zeit, um Punkte zu sammeln. Ich werde versuchen, den zeitlichen Korridor nicht auszureizen und mit den World University Games einerseits, der Deutschen Meisterschaft andererseits stehen zwei Silber-Meetings bevor, bei denen ich gut punkten möchte.
Hast du die 8,05 Meter – die WM-Bestätigungsnorm – in den Beinen?
Herden: Ja, die 8,05 Meter stecken in mir und wenn ich die Komponenten zusammenbringe, werde ich sie springen. In Griechenland passte schon viel zusammen; vom Gefühl her hat das Brett die Energie etwas geschluckt, zudem stellte sich die beschriebene Ermüdung ein und ich konnte die Bewegungen nicht mehr ganz auf den Punkt setzen – das Momentum war deshalb nur noch bedingt vorhanden. Jetzt traue ich mir zu, mit mehr Frische die 8,05 Meter zu knacken.