Schweizer Hochspringer Gasch siegt in Clarholz mit Weltbestleistung

Fünf Tage nach den Silvesterknallern wurde das neue Leichtathletikjahr in Clarholz mit einem international hörbaren Paukenschlag eingeläutet: Beim 17. Hochsprungmeeting am Sonntag stellte der Schweizer Loic Gasch als Sieger mit 2,27 Meter nicht nur einen neuen Meeting-Rekord auf, sondern gleichzeitig eine Weltbestleistung für die seit November laufende Hallensaison 2020.

„Das ist fantastisch“, schnalzte Organisator Siggi Klapper von der veranstaltenden LG Kreis Gütersloh angesichts des spektakulären Höhenflugs mit der Zunge und zahlte dem 25-Jährigen nur allzu gerne die spontan auf 400 Euro erhöhte Rekordprämie aus.

Gasch verbesserte die von Falk Wendrich (LAZ Soest) im Vorjahr auf 2,24 Meter geschraubte Bestmarke gleich um drei Zentimeter. Der „Titelverteidiger“ hatte seinen Start kurzfristig wegen einer schweren, bei einem Trainingsunfall erlittenen Ellenbogenverletzung absagen müssen. In der Clarholzer Siegerchronik steht der Waadtländer aus Yverdon-les-Bains am Neuenburger See nun in einer Reihe mit dem WM-Siebten Eike Onnen und dem dreimal hier erfolgreichen 2,35-Meter-Europameister Mateusz Przybylko.

"Reiß die Hütte ab"

Bei seinem Triumph in der zu einem perfekten Hochsprung-Stadion umgebauten Sporthalle der Wilbrand-Schule begeisterte Loic Gasch nicht nur die 400 Zuschauer auf der restlos gefüllten Tribüne. Er versetzte auch die versammelte deutsche Trainerprominenz in Staunen. Neben Bundestrainerin Brigitte Kurschilgen (Unna) und Przybylko-Coach Hans-Jörg Thomaskamp (Leverkusen) waren auch U20-Nationaltrainer Jan-Gerrit Keil (Berlin), Ex-Olympiasieger Gerd Wessig (Schwerin) und mit Wolfgang Killing (Wuppertal) der langjährige Leiter der DLV-Trainerakademie vor Ort.

Obwohl er nach einem Muskelbündelriss im Oberschenkel keine gute Freiluftsaison 2019 hatte und den Titel als Schweizer Meister mit nur 2,15 Meter gewann, trat Gasch in Clarholz mit einer riesigen Portion Selbstvertrauen an. Er stieg (noch im T-Shirt) erst bei 2,07 Meter in den Wettbewerb ein und nahm 2,13 Meter und 2,19 Meter im ersten Versuch. Schon da imponierte der EM-Zehnte von 2018 mit seiner „Sit and Kick“ genannten Technikvariante, bei der man in der Steigephase zum Flop eine sitzähnliche Position einnimmt und erst für die Lattenüberquerung schnappartig in die Hohlkreuz-Überstreckung geht.

Für die 2,24 Meter benötigte Loic Gasch, dessen persönliche Bestleistung bei 2,26 Meter stand, dann drei Versuche, und auch für die 2,27 Meter ließ er von Moderator Stefan Schwenke den Musiktitel „Can’t hold us“ von Mackelmore & Ryan Lewis auflegen. Als die Latte beim zweiten Versuch liegenblieb und Schwenke den Ballermann-Hit „Reiß die Hütte ab“ durch die Halle dröhnen ließ, schaute er selbst ein wenig ungläubig in die Runde. Trotzdem attackierte er dreimal sogar noch die 2,30 Meter. Der zweite Versuch war gar nicht einmal aussichtslos, und Stefan Schwenke teilte vorsorglich schon einmal mit, dass der Schweizer Hallenrekord seit 1982 von Roland Dalhäuser mit 2,32 Meter gehalten wird. Doch obwohl das Publikum Gasch mit rhythmischem Klatschen Flügel verleihen wollte, reichte es diesmal noch nicht.

"Seuchenjahr" bei den Frauen

Natürlich träumt der beruflich als Finanzbuchhalter tätige Hochspringer ein wenig von den Olympischen Spielen in Tokio. Vorerst haben er und sein stolzer Trainer Nicolas Verraires aber die Meisterschaften der Schweiz und von Frankreich im Visier – der französisch sprechende Loic Gasch ist im Besitz beider Staatsbürgerschaften. Für die Konkurrenz des Siegers lag die Latte schon bei 2,13 Meter zu hoch. Remo Cagliesi (Bayer Leverkusen) wurde mit 2,10 Meter höhengleicher Zweiter vor dem Schweizer Tempoflieger Vivien Streit und dem 2,07-Meter-Niederländer Sven van Merode. Neben dem Luxemburger Charel Gaspar und dem Tschechen Matej Klukan waren nur drei weitere deutsche Springer im Wettbewerb. Luca Meinke vom Schweriner SC sprang ebenfalls 2,04 Meter und wurde Sechster. Für ein Highlight sorgte im U20-Springen ein Rohdiamant aus Tschechien: Der 17-jährige Jakub Belik überquerte 2,05 Meter.

Bei den Frauen traten nur drei Springerinnen an, und Stephanie Seidel (LG Mittweide) gewann höhengleich mit 1,72 Meter vor Bianca Stichling (TSG Weinheim). „Wir haben ein Seuchenjahr“, bedauerte Brigitte Kurschilgen und zählte ein halbes Dutzend aktuell verletzter Springerinnen aus ihrem Kader auf. Die DLV-Trainerin coachte mit Rosie Tozer auch eine Athletin aus Australien. Die 17-Jährige wurde in einem spannenden U20-Wettbewerb mit 1,76 Meter Zweite hinter der wegen der geringeren Zahl von Fehlversuchen siegreichen Blessing Enatoh vom TSV Spandau.